Program

Film: Iphigenie auf Tauris oder SCHÖNE LÜGE FREIHEIT
von Holger Müller-Brandes & Swen-Erik Scheuerling

Einer Situation im Film einen Rahmen geben, nicht eine gerahmte Situation in den Film geben. Die Situationen sind
lose gedacht- es gibt Orte, deren Realitäten eine Bedeutungsebene binden. Außerdem einen Mythos, der die
Situationen filtert und Rollen anbietet. Es gibt diese Figuren, aber sie werden in der Realität aufgeschwemmt.
Beliebigkeit spielt eine Rolle, aber auch ein Erfahrungsmoment. Ja, man wird wohl gemeinsam losfahren- mit diesem
Mythos im Hinterkopf.
(Johanne Mohs)

Seit der Antike ist 'Iphigenie auf Tauris' Symbol für Freiheit und Ungebundenheit. Sie stelltsich dem Herrscher, der sie gefangen hält, entgegen. SCHÖNE LÜGE FREIHEIT konfrontiert den Mythos 'Iphigenie' mit Bildern aktueller Machtpositionen, frontal oder diffus - was ist es, das die Freiheit trügerisch macht in einer Gesellschaft deren Grenzziehungen zumeist unsichtbar sind?
In SCHÖNE LÜGE FREIHEIT wird die Iphigenienfigur von einer Schauspielerin und einer Opernsängerin getragen.
Orestes, ihr Bruder, wird schauspielerisch interpretiert. Belastet vom Fluch seiner Väter, durchläuft er eine innere und äußere Reise voller Erschütterungen. Unerwartet findet er seine totgeglaubte Schwester, die ihm Freiheit verheißt.

Der Film folgte keinem Drehbuch, er ist ein Montage aus Schauplätzen der Gegenwart, theaterhaften Improvisationen
und reflektierenden Texttafeln. Die Darsteller arbeiten mit den mythischen Rollen, mit Musiken von Bach bis Peter
Seegers sowie Texten von Goethe und Fassbinder. Die Spannbreite der Spielorte reicht von antiken und modernen
Ruinen in Bulgarien bis hin zum Regierungsviertel in Berlin. Schlußpunkt ist die Ambivalenz von Heiligendamm
während des G-8-Gipfels 2007 - Demonstration der Macht, die das System ausüben kann, und Demonstration der
Freiheit, die das System gewähren kann. Iphigenie auf Tauris.